Die zukünftige Entwicklung von Osteuropa 2030

Angesicht vielfältiger Unsicherheiten hat die ScMI AG sechs Szenarien zur Zukunft Mittelost- und Osteuropas erarbeitet. Diese Szenarien betrachten die Entwicklung der derzeitigen EU-Mitgliedsstaaten und dem restlichen Osteuropa sowie spezifischer Regionen wie den Balkan und den Kaukasus.

Welche wirtschaftliche Bedeutung wird Osteuropa in der Zukunft haben – als Markt, als Energielieferant, als wirtschaftlicher Akteur? Wie stabil wird es sein? Wie wird das Verhältnis Russlands zur EU aussehen? Wohin werden sich die anderen Staaten der Region orientieren? Welcher Teil Osteuropas wird zur EU gehören – und welche Auswirkungen wird dies auf die Entwicklung der gesamten EU haben?

Viele Unsicherheiten kennzeichnen die Entwicklung der Region zwischen Oder und Bug. Daher lag es auf der Hand, deren langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten mit Hilfe von Szenarien vorauszudenken. Dabei war es nicht das Ziel der ScMI AG, im Sinne einer Prognose eine exakte Zukunft abzubilden. Vielmehr entsteht ein „Denkwerkzeug“, mit dem Entscheider die Konsequenzen unterschiedlicher Möglichkeiten vorausschauend durchspielen und sich für die Zukunft besser gerüstet aufstellen können.

Für die ScMI AG lag die Herausforderung bei der Erstellung der Szenarien vor allem darin, die Balance zwischen übergreifender Perspektive und hinreichend konkreter und spezifischer Sichtweise zu finden. Die Szenarien betrachten die Entwicklung einzelner Teilregionen wie den derzeitigen EU-Mitgliedsstaaten und dem restlichen Osteuropa und beziehen auch spezifische Regionen wie den Balkan und den Kaukasus ein. Gleichzeitig bilden sie aber – mit Ausnahme Russlands – keine spezifischen Entwicklungen einzelner Länder ab. Insgesamt sind in dem Szenarioprozess sechs Zukunftsbilder entstanden:

Szenario 1: Vom Atlantik bis zum Ural. Ganz Osteuropa profitiert vom neuen Dreiklang „EU-Russland-USA“.
Die drei Machtzentren in Brüssel, Moskau und Washington sind zusammengerückt. Auf der Grundlage des westlichen Demokratiemodells ist ein prosperierender Wirtschaftsraum entstanden, der vom Atlantik bis zum Ural – und darüberhinaus – reicht. Besondere Nutznießer sind die östlichen EU-Mitglieder, die zunehmend mit dem Westen gleichziehen, und die weiteren Staaten Osteuropas, die ihre Brückenfunktion ausnutzen und sich zu international erfolgreichen Wirtschaftsstandorten entwickeln.
Szenario 2: Erweiterte EU als Schutzschirm im Konflikt mit Russland. „Erfolgsmodell EU“ von Lissabon bis zur Krim.
Russland betont seine Rolle als eigenständige Großmacht und versucht, in seinem „nahen Ausland“ eine eigene Staatengemeinschaft zu etablieren. Diesem, durchaus auch militärischen, Druck widersetzen sich die meisten osteuropäischen Staaten und begeben sich unter den „westlichen Schutzschirm“ von NATO und Europäischer Union. Diese erweiterte EU gibt sich moderne Strukturen und bietet die Basis für Wachstum und Wohlstand, von dem gerade ihre osteuropäischen Mitglieder profitieren.
Szenario 3: Geschlossene Gemeinschaft. Konsolidierte EU ist sich selbst genug.
Die Konsolidierung der EU hat zu einer integrierten „Union der 27“ geführt, in der sich soziale Marktwirtschaften mit leistungsfähigen Sozialsystemen entwickelt haben. Die heutige EU-Ostgrenze ist eine gemeinsame Politiklinie und trennt die wohlhabenden östlichen EU-Staaten vom stagnierenden Teil Osteuropas. Die machtvolle EU befindet sich in einem grundlegenden Interessenkonflikt mit dem autokratischen Russland.
Szenario 4: Europa als Verlierer – auch Osteuropa fällt zurück. Langanhaltende Stagnation, geringe Akzeptanz der EU und hohe Abhängigkeit von Russland.
Europa kann mit der geopolitischen Dynamik kaum noch mithalten und fällt im weltwirtschaftlichen Wettbewerb gegenüber den USA sowie den aufstrebenden Ökonomien in Asien und Südamerika erkennbar zurück. Verbunden mit einer langanhaltenden Rezession gerät der Integrationsprozess der EU ins Stocken – die östlichen Mitgliedsstaaten fallen auch im internen Wettbewerb zurück und sind von gesellschaftlichen Krisen betroffen. Das restliche Osteuropa bleibt trotz erkennbarer Westorientierung außen vor.
Szenario 5: Der Westen koppelt sich ab. Desintegration der EU und Rückfall Osteuropas.
Die Europäische Union steht vor der faktischen Spaltung. Während die osteuropäischen Mitglieder unter einer langanhaltenden Rezession leiden, orientieren sich die West-Europäer an ihren eigenen Interessen und verständigen sich – beispielsweise bei der Ressourcenversorgung – direkt mit Russland. Damit verliert die EU in ihren östlichen Mitgliedsstaaten noch weiter an Attraktivität. Es kommt zu einer Abkopplung und einer „Quasi-Rücknahme“ der bereits erfolgten Osterweiterung.
Szenario 6: Rückkehr in den russischen Hafen. Der neue Eiserne Vorhang am Bug.
Die Strahlkraft einer europäischen Integration gehört der Vergangenheit an. Die Europäische Union wird von Partikularinteressen aufgerieben, worunter vor allem das östliche Mitteleuropa leidet. Viele der autokratischen und staatswirtschaftlichen Staaten Osteuropas orientieren sich nicht mehr am Westen, sondern an Russland, das sich in der sicherheitspolitisch zersplitterten Welt als regionale Hegemonialmacht behauptet. Europa lässt seinen östlichen Nachbarn gewähren, da es zunehmend von dessen Ressourcen abhängig ist.

 

 

Eine Zusammenfassung der Szenarien steht hier als Download bereit. Bei näherem Interesse an den Ergebnissen, sprechen Sie uns gerne an.

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