Corona‐Stresstest von D2030: Zukunftsexperten überwiegend optimistisch
Fast Dreiviertel der in einem „Corona-Stresstest“ befragten Zukunftsexperten rechnen damit, dass nach der Pandemie ein Strukturwandel in Richtung Nachhaltigkeit und Gemeinwohlorientierung gelingt. Voraussetzung dafür sind allerdings richtungsweisende Steuerungsmaßnahmen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Sonst besteht die Gefahr rückwärtsgewandter Abschottung und Ausgrenzung, wie sie ein weiteres Viertel befürchtet. In einem sind sich aber nahezu alle Experten einig: Eine Rückkehr zur alten Normalität wird es nicht geben.
Mit einem von der ScMI AG unterstützten „Corona-Stresstest“ wurden mehr als 100 Zukunftsexperten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung, Beratung und Zivilgesellschaft dazu befragt, wie sie die Entwicklung Deutschlands in den kommenden Jahren einschätzen. Ziel dieser Befragung des überparteilichen Vereins „D2030 –Deutschland neu denken“ war es, herauszufinden, ob und wie sich die Sichtweisen auf die Zukunft durch die COVID-19 Pandemie verändert haben. Grundlage des Stresstests waren die acht D2030-Szenarien, die 2017 in einem partizipativen Prozess erarbeitet wurden.
Für die Zeit nach der Corona-Pandemie rechnen die Experten damit, dass Deutschland nicht mehr dem Business as usual‐Szenario einer „spurtreuen Beschleunigung“ folgen wird. Vielmehr erwarten 61% der Befragten einen signifikanten Strukturwandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Dies entspricht der in diesen Tagen häufig geäußerten Auffassung, dass die Welt nach der Corona‐Krise „eine andere“ sein wird. Allerdings wird dieser Strukturwandel stark unterschiedlich interpretiert. Insgesamt lässt sich ein eher optimistischer Entwicklungspfad beschreiben, mit dessen Eintreten 73% der Expert*innen rechnen. Hier führt die Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit und Gemeinwohl in einer insgesamt offeneren Gesellschaft, wie sie in den „Neue Horizonte“-Szenarien beschrieben ist. Dem steht ein deutlich pessimistischerer Entwicklungspfad in Richtung des „Alte Grenzen“-Szenarios (Bewahren durch Abgrenzung) gegenüber, von dem insgesamt 23% der Befragten ausgehen.
Unter den erwarteten Einzeltrends, die durch die Corona-Pandemie deutlich an Bedeutung gewonnen haben, sind zunächst ein allgemeiner Wohlstandsrückgang sowie verschärfte Wertekonflikte in der Gesellschaft. Daneben gehen die Expert*innen aber auch davon aus, dass sich positive Trends durch die aktuelle Krise verstärken werden, beispielsweise die Erprobung neuer Formen von Gemeinschaft und kultureller Offenheit, die Etablierung von Märkten für hochwertige Produkte in regionalen Kreisläufen sowie die Erschließung neuer Potenziale für ländliche Räume.
In der über diverse Medien live verfolgbaren Vorstellung der Ergebnisse ging Dr. Alexander Fink, Vorstand der ScMI AG, insbesondere auf die durch die Ausnahmesituation entstehenden Chancen ein. Die optimistische Grundtendenz der Expertenbewertungen sei allerdings kein verlässlicher Zukunftspfad, sondern hier bedürfe es intelligenter Steuerung und vielfältiger Kooperation, um die zweifellos ebenfalls existierenden Gefahren zu umgehen.