KI als Problemlöser auf dem Weg in die Post-Erwerbsgesellschaft (Szenario 6) Entworfen wird hier das Bild einer Gesellschaft, die sich im Übergang zu einer „Post-Erwerbsgesellschaft“ befindet. Zentrale Motive sind eine abnehmende Bedeutung von Arbeit für die Gesellschaft und die Zunahme postmaterialistischer Einstellungen. Hintergrund der Entwicklung ist eine im doppelten Sinne gelungene digitale Transformation: Technologisch sorgte eine offene Wissensgesellschaft dafür, dass sich die Potenziale hochleistungs- und lernfähiger KI-Systeme voll entfalten konnten. In sozialer Hinsicht schaffen eine hervorragende Wettbewerbsposition und enorme Steigerung der Produktivität die Voraussetzungen für eine Grundsicherung mit einem hohen Absicherungsniveau für alle. Zwei Grundbedingungen für Übergänge in eine Tätigkeitsgesellschaft sind damit gegeben.

KI schafft neue Arbeitswelten in einem dynamischen Netzwerk (Szenario 5) In dieser Zukunft fördern die Potenziale von KI konsequent die Transformation in eine energie- und ressourceneffiziente Circular Economy. Es ist geprägt von einem allgemeinen Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit von KI. Obwohl die digitale Souveränität auch in diesem Szenario gering ausfällt, ist das Vertrauen in die digitale Welt gleichwohl hoch. Cloudbasierte KI-Anwendungen gewährleisten einen einfachen und günstigen Zugang für Nutzer und Unternehmen. Die tiefgreifenden Umbrüche in der Arbeitswelt sind geprägt von der Substitution auch komplexer Sachbearbeitung und der Herausbildung neuer Tätigkeitsfelder und finden in einem insgesamt humanzentrierten Umfeld statt. Flankiert werden sie von einer Grundsicherung für alle auf Basis sozialer Mindeststandards und einer entschiedenen Förderung des lebenslangen Lernens. Diese Dynamik korrespondiert mit einer wandlungsfähigen Unternehmenswelt, in der die Unternehmensführung – unterstützt von KI – Selbstorganisationsprozesse von Mitarbeitern und Abteilungen fördert. Kooperation ist in diesem Szenario zwar das Leitbild, aber es herrscht weiterhin ein harter globaler Wettbewerb der Plattformen.

Dynamische KI-Entwicklung – aber in alter Arbeitswelt gefangen (Szenario 4) In dieser Welt stößt das Neue, die KI, an alte Grenzen, die Arbeitswelt: Leistungsfähige KI-Systeme ermöglichen eine signifikante Veränderung der Mensch-Technik-Interaktion, die zwischen Automatisierung und Augmentierung pendelt. Die vorhandenen Potenziale für eine Unterstützung und Erweiterung menschlicher Tätigkeiten im Sinne einer Augmentierung durch KI werden aber noch von den Spielregeln der klassischen Arbeits- und Unternehmensweltwelt gebremst. Dadurch dominiert die Substitution manueller Tätigkeiten und kognitiver Routinetätigkeiten und obsiegt die Effizienzsteigerung über die Qualitätsverbesserung von Arbeitsergebnissen. Das Gefangensein im alten Paradigma zeigt sich spiegelbildlich in den Unternehmenskonzepten. Diese ermöglichen zwar einerseits einen schnellen Wandel, andererseits sind sie noch sehr von zentralistischen Entscheidungsstrukturen geprägt – die aber wirkungsvoll durch KI unterstützt werden. Dank einer intensiven Kooperation zwischen Staat und Konzernen kann Europa seine Position im globalen KI-Wettbewerb in diesem Szenario deutlich verbessern.

Globale Plattform-Unternehmen treiben KI-basierte Automatisierung (Szenario 3) Hier wird die Veränderungsdynamik weniger durch hochleistungsfähige KI-Systeme als durch die Herausbildung monopolartiger, globaler Plattform-Unternehmen mit ihren digitalen Geschäftsmodellen bestimmt. Aus den amerikanisch dominierten GAFA, wie man die Internetgiganten Google, Apple, Facebook und Amazon vor 15 Jahren nannte, sind jetzt die GATA (Google, Amazon, Tencent und Alibaba) geworden, denn China hat sowohl im Plattform- als auch im KI-Wettbewerb gleichgezogen. Proprietäre Software-Lösungen und hohe Entwicklungskosten begrenzen den Marktzugang für kleinere Wettbewerber. Kennzeichnend für das Szenario ist das Entstehen einer Gig Economy, in der immer mehr Jobs in Form kurzfristiger Aufträge („Gigs“) an Freiberufler vergeben werden.

Automatisierung in klassischer Konzernwelt (Szenario 2) Beschrieben wird hier eine Zukunft, in der die industrielle Landschaft durch das klassische Automationsparadigma geprägt ist. Der Arbeitsmarkt ist polarisiert und durch eine Zunahme befristeter und schlecht abgesicherter Beschäftigungsverhältnisse gekennzeichnet. Die industriellen Kernbranchen sind in ihren angestammten Kompetenzfeldern im globalen Wettbewerb nach wie vor erfolgreich. Die sich international abzeichnenden neuen Produktwelten und digitalen Geschäftsmodelle werden von den Unternehmen mit ihren starren Organisationsformen nur zaghaft aufgegriffen. Es überwiegt ein „Weiter so“ mit eher zentralistisch geprägten Führungsstilen. Während amerikanische und chinesische Plattformunternehmen die KI-Entwicklung massiv und konfrontativ vorantreiben, pflegen Deutschland und Europa eine abgeschottete Datenökonomie. Damit werden lernfähige KI-Systeme insgesamt ausgebremst, und ihre Potenziale kommen nur in einzelnen Domänen zum Tragen.

Gebremste KI-Entwicklung mit geringen Folgen für die Arbeitswelt: Beschrieben wir hier eine Zukunft der verpassten Chancen. Die Arbeitswelt ist von den Entwicklungen im Bereich der KI nur wenig betroffen, weil sich die dafür nötigen Rahmen-bedingungen, von der technischen Infrastruktur bis hin zum Umgang mit Daten, nur schleppend verändern. Viele Potenziale der KI bleiben daher ungenutzt. Denjenigen, die den neuen Algorithmen und Big-Data-Technologien ohnehin skeptisch gegenüberstehen, mag das weitgehende Beharren im Status quo entgegenkommen. Doch die relative Ruhe ist nur eine Ruhe vor dem Sturm. In Ländern wie China und den USA entwickelt sich die KI äußerst dynamisch, wohingegen Deutschland und Europa sich mit ihrer defensiven und unkoordinierten KI-Strategie zusehends ins Abseits manövrieren.

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