Massive Virtualisierung

Sicherheit und neue Nähe im Netz

  • Schnelle Überwindung der wirtschaftlichen Folgen von COVID19
  • Globaler Paradigmenwechsel: Digitale Angebote verändern das Wirtschafts- und Arbeitsleben sowie den Alltag
  • Entstehung eines zunehmend globalen Bewusstseins; Technologien und Innovationen werden in multilateralen Kooperationen entwickelt
  • Die EU positioniert sich als verantwortungsbewusster Digital Player und gewinnt an Profil und Identität
  • Digitale Transformation geht mit größerer Datenoffenheit einher
  • Neue Möglichkeiten für faktenbasierte Medien und einen produktiven gesellschaftlichen Diskurs
  • Durch Risikovermeidung geprägter Lebensstil, der auch Elemente von SocialDistancing enthält
  • Massive Virtualisierung des Alltags ist mit einem signifikant veränderten Kaufverhalten verbunden

 

Virtualisierung als Game Changer – Sicherheit und Nähe gibt es vor allem im Netz

Die gesundheitliche Krise und auch die wirtschaftlichen Folgen der COVID19-Pandemie waren schnell überwunden, doch die Virtualisierung während der Pandemie und der anschließende Digitalisierungsschub erwiesen sich als echter Game Changer. So hatten die Menschen während der Lockdowns die digitalen Möglichkeiten nicht nur kennen und vielfach auch schätzen gelernt, sondern sie hatten grundsätzlich ihre Angst vor neuen Technologien und Veränderungen abgelegt. Damit war ein wesentlicher Bremsklotz für Innovation in Deutschland weggefallen. Gleichzeitig hatte sich die Erfahrung des Social Distancing tief in das allgemeine Bewusstsein eingebrannt und übt seit den frühen 2020er-Jahren großen Einfluss auf das Arbeits- und Freizeitverhalten sowie die Lebensstile aus. Wirkliche Sicherheit und unbeschwerte Nähe empfi nden mehr und mehr Menschen eher im Netz, als in der „alten Realität“. Durch die deutliche Reduktion physischer Treff en lassen sich Infektionskrankheiten eff ektiver bekämpfen, denn die Menschen bewegen sich mehr in kleineren sozialen Einheiten. Gebrochen wurde in dieser Zeit auch mit dem Urbanisierungstrend vergangener Dekaden: mehr Menschen wählen ländliche Räume als ihre Rückzugsorte, in denen sie einen deutlich risikoaverseren Lebensstil entwickeln – beispielsweise mit Fokus auf regionalen Handel, eigenem Gemüsegarten sowie individuellen Sport- und Freizeitaktivitäten. Fundamentale Auswirkungen hatte COVID19 auf die Arbeitswelt. So hatte sich das verordnete Home-Office in vielen Branchen soweit durchgesetzt, dass eine große Zahl von Menschen ganz oder zumindest teilweise ihrer Beschäftigung von zu Hause nachging, was zunächst flexiblere Arbeits- und Arbeitszeitmodelle ermöglichte und auch zu einem deutlichen Rückgang des Marktes für Büroimmobilien führte. Viel gravierender war aber, dass sich die Art des Arbeitens – und damit auch vielfältige Routinen und Prozesse in Unternehmen – grundlegend veränderten: herkömmliche Kontrollmechanismen griffen nicht mehr, die Unternehmen mussten stärker auf wertegestützte Führung und Vertrauenskultur setzen. Auf der anderen Seite defi nierten sich immer weniger Mitarbeiter ausschließlich über ihre berufl ichen Tätigkeiten, so dass Unternehmen die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeitenden immer stärker ins Visier nahmen. Geschäftsreisen finden seither nur noch dort statt, wo physische Kontakte sinnvoll oder unabdingbar sind. Neben dem Geschäftsleben setzte sich die Virtualisierung auch in Familie und im Freundeskreis immer mehr durch. Man erkannte, dass die Kommunikation und der Austausch sich ebenso lebendig, aber viel bequemer, von Zuhause aus erledigen lassen. Auch die alltäglichen Besorgungen, Behördengänge und komplexere Vorgänge sind vollständig digitalisiert und laufen problemlos online ab.

Deutschland ist das neue Estland – breite Digitalisierung von Politik und Verwaltung

Noch Ende der 2010er-Jahre hatten Politik, Verwaltung und auch Medien die Zukunft der Digitalisierung in Südkorea oder im Baltikum gesehen, während Deutschland selbst bei der 4G-Netzabdeckung noch hinter Kambodscha und der Elfenbeinküste lag. Den Umschwung bewirkten schließlich die späten COVID19-Erfolge mit Kontaktverfolgung sowie der Digitalisierung der öff entlichen Gesundheitsverwaltung. Deutschland setzte zu einer Aufholjagd bei seiner digitalen Infrastruktur an und verfügt heute über ein schnelles und stabiles Datennetz, welches das Rückgrat der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft bildet. Bereits in den frühen 2020er-Jahren hatte sich das neue Digitalministerium zum Treiber der Veränderung entwickelt, in dem es konsequent die Rahmenbedingungen für die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft setzte. So zeigte sich die Politik off en und experimentierfreudig und probierte früh auch ungewöhnliche Lösungsansätze aus – beispielsweise das bedingungslose Grundeinkommen. Schließlich gewannen aber auch digitale und partizipative Elemente an Bedeutung, so dass sich Politik selbst entsprechend veränderte. Letztlich konnte mit diesem Ansatz auch die eine zeitlang als gegeben angenommene Dominanz der großen amerikanischen und asiatischen Datenplattformen überwunden werden.

Mit Open Source gegen „German Angst“ – der Fortschrittsglaube ist zurück

Die technologische Entwicklung hatte sich in den 2020erJahren nochmals beschleunigt: Künstliche Intelligenz und Quantencomputing, und – nicht nur durch COVID19 befl ügelt – auch Bio- und Gesundheitswirtschaft brachten in immer kürzeren Abständen neue und vielfach disruptive Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle. Und das Besondere war, dass in Deutschland nicht nur Unternehmen, sondern auch Bürger, Konsumenten und zivilgesellschaftliche Gruppen ihre Scheu abgelegt hatten. »German Angst« war in den Corona-Jahren verschwunden. Die Unternehmen hatten die Notwendigkeit zur rasanten Digitalisierung schließlich verstanden und setzten nun konsequent auf neue Technologien und Innovationen: Die Budgets für Forschung und Entwicklung stiegen deutlich an und digitale Plattformen sowie Geschäftsmodelle wurden vielfach erfolgsentscheidend genutzt. Oft stand dann nicht mehr das physische Produkt, sondern der Nutzen im Vordergrund. In der Konsequenz führte die breite Digitalisierung auch zu einer Verschiebung der Wirtschaftsstruktur in Deutschland. Das neue Gold der angebrochenen digitalen Wirtschaftsära sind Daten – und die sind im Überfluss vorhanden, denn Bürger und Konsumenten stellen diese massenhaft bereit, da sowohl die Datennutzung durch Unternehmen als auch staatliche Eingriff e in die persönliche Datenhoheit weithin akzeptiert sind. Im Mittelpunkt steht vielmehr der Nutzen durch die vielfältigen digitalen Services. Das Bedürfnis nach dem Schutz der eigenen Daten ist demgegenüber deutlich in den Hintergrund getreten. Außerdem lässt sich Missbrauch durch neue Sicherheitstechnologien weitgehend unterbinden. Auch die traditionellen Schlüsselbranchen werden vom Digitalisierungsschub erfasst und können sich auf Basis langfristiger und positiver Rahmenbedingungen umstrukturieren und teilweise sogar neu erfinden. So hat beispielsweise die Individualmobilität stark an Bedeutung verloren, denn im virtualisierten Alltag werden eigene Fahrzeuge deutlich weniger benötigt. Stattdessen dominieren jetzt integrierte Dienstleistungen für Personen- und Gütermobilität, die eng mit verschiedenen Ansätzen wie einer dezentralen Energieerzeugung oder Smart-City-Konzepten verknüpft sind.

Europa kann sich als Key player im globalen Digital-Wettbewerb etablieren

Selbstverständlich kann das deutsche Digitalisierungswunder nicht losgelöst von der europäischen und der globalen Entwicklung gesehen werden, denn auch dort hat COVID19 die Virtualisierung teilweise massiv gefördert – nur dass Deutschland aufgrund seines Rückstands einen besonders langen Anlauf nehmen und dann weit abspringen konnte. Gefördert wurde die Entwicklung von der Rückkehr der Welt zu multilateraler Abstimmung, die bei Fragen der Infrastruktur und technischen Schnittstellen begann und sich schließlich bei der abgestimmten Besteuerung digitaler Leistungen fortsetzte. Europa nimmt – entgegen mancher Erwartung – in der neuen Digitalwelt eine Schlüsselstellung ein. Dabei nahm es zunächst eine Vermittlerrolle zwischen den großen Digitalmächten USA und China ein, trat dann aber zunehmend aus deren Schatten und etablierte sich über eigene Ansätze und Unternehmen an der Weltspitze. Verschiedene europäische Regionen agieren inzwischen auf Augenhöhe mit dem Silicon Valley und dem chinesischen Perlfl ussdelta. Dabei werden die Off enheit und häufi g auch die Gemeinwohlorientierung von Unternehmen, Technologien und Leistungen von Nutzern weltweit honoriert und als europäische Stärke verstanden.

 

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